Monatsradar Oktober

Der Radar des Monats Oktober steht am äußeren Währinger Gürtel.

Monatsradar Oktober

Songs, die im Oktober in die Radarfalle getappt sind.

Krankheitserreger bestimmten den heurigen Oktober. Dank des E-Card-Urlaubs bleibt genügend Zeit fürs Rausballern von politischen Statements, damit ja alle wissen, wie gscheid man ist. Um den Fiebertraum von Gesellschaft zu entkommen, werden fünf brandneue Songs vorgestellt, bei denen es einem leichter Fällt, Partei zu ergreifen.

 

The Düsseldorf Düsterboys – ‚Trommel‘

Was? Es gibt eine Germanistik-Deutschindieband, die angenehm klingt? Na, oder? Doch! Die Düsseldorf Düsterboys zeigen mit der besten Songauskopplung aus ihrer gleichnamigen EP ‚Trommel‘, dass tiefgründige Texte nicht immer mit dem ewig gleichklingenden TocotronicThees-Uhlmann-Abklatsch auskommen muss.

Nicht falsch verstehen. ‚Trommel‘ erfindet das Rad nicht neu. Das tolle aber ist, dass es so klingt wie etwas aus einer Modern-Psychedelia-Playlist oder etwas, was Sonntag vormittags im Alternative-Mainstream-Radiosender eures Vertrauens läuft.

Verträumte Gitarren, ein cooler Bass und ein Synthi, der alles abrundet. Man kann sich ‚Trommel‘ ständig anhören. Die Düsseldorf Düsterboys wissen, wie man ein Gesamtpaket schnürt und dabei cool aussieht und mysteriös daherkommt. Perfekter Song für den Herbst.

Label: Staatsakt Records
Produktion: The Düsseldorf Düsterboys
Artwork: Philipp Schultz

 

Caroline Polachek – ‚Dang‘

Es geht nicht ohne den heißesten Scheiß der 2020er-Jahre. Spätestens seit den Tiny Desk Sessions müssen alle Fan der Künstlerin aus den USA sein. Ihr neuer Song ‚Dang‘ orientiert sich am Trend der 2000er-Jahre. Die Verse klingen wie vergessene Destiny‘s Child Nummern, für die die Gesellschaft damals noch nicht bereit war.

‚Dang‘ fährt so ein Programm, dass es sogar die Hardware, woraus der Song gespielt wird, in Gefahr bringt. Beim Hören des Liedes manövrieren sich die Bluetooth-Boxen durch den geilen Sound von den Tischen auf die Böden der Hörer*innen.

Es ist schade, dass die Lautsprecher durch die Kraft Polacheks nicht in der Luft schweben. Mit ‚Dang‘ setzt die Chairlift-Frontfrau ihren unverwechselbaren Klang fort. Selbst die harten Beats bringen Polachek nicht davon ab, über den Dingen zu stehen. Vor allem im Chorus gleitet ihre Stimme über den Beat wie eine Feder aus Edelstahl.

Label: Perpetual Novice
Produktion: Cecile Believe, Danny L Harle, Caroline Polachek
Artwork: Aidan Zamiri

 

Grand Hotel Schilling – ‚BITTE FRAG MICH‘

Wisst ihr noch, wie Tyler, The Creator im Kunsthistorischen Museum bei der Wes Anderson Ausstellung war? Grand Hotel Schilling wissen das ganz genau und verpacken diese Information aus ästhetischer Sicht auf ihr Cover von ‚BITTE FRAG MICH‘.

Klanglich ist die Grazer Band d’accord mit dem deutschsprachigen Zeitgeist der hiesigen Indieszene. Der Chorus ist dabei besonders, da er wirklich unerwartet kommt und sich in eine schwungvolle Angelegenheit entwickelt. Für die Atmosphäre sorgen dabei die hallenden Gitarren, ein tighter Bass, und ein Schlagzeugcomputer.

Der Sänger Georg Popp möchte bei all dieser Atmosphäre aber nicht gefragt werden, wie es ihm geht. Warum das so ist, kann nur vermutet werden. Wenn sich in Zukunft jemand nicht meldet und nach Wochen random fragt, wie es geht, kann man getrost nur mit ‚BITTE FRAG NICHT‘ von Grand Hotel Schilling antworten.

Label: Radio International
Produktion: Felix Paschke
Mix: Mathias Garmusch
Master: Martin Scheer
Artwork: Georg Popp, Felix Paschke

 

Macadamia – ‚Ritornerai‘

Algorithmen sind nicht mehr furchteinflößend. Es sind im Endeffekt Computer, die zwei Dinge zusammenzählen. In diesem Fall ist der Hang zur psychedelischen Popmusik und die italienischsprachige Band Ada Oda, die Post-Punk wieder erfrischend punkig macht.

Zack fertig, die Band Macadamia mit ‚Ritornerai‘. Die Band aus Italien, so könnte man meinen, macht seit Kindesbeinen nichts anderes als stimmungsvolle Musik für Sonntage. Sie sind sattelfest und beherrschen die Kunst des langsamen Spielens.

Der Sound ist bekannt. Verträumte Gitarren, Synthies und Bässe, einfaches Schlagzeug und eine engelsgleiche Stimme. Man könnte fast behaupten, Kevin Parker hat genug Schaden mit der Originalität von Songs angerichtet. Bei Macadamia ist es aber etwas anders. Hört man sich die Songs ihres Albums ‚Limine‘ an, erkennt man auch andere Einschläge und eine Menge Dolce Vita, von der österreichische Künstler*innen nur träumen können.

Label: Sputnik Music Group
Produktion: Macadamia
Artwork: Valentino Immordino

 

She’s In Parties – ‚Ritual‘

Liebe Grüße von der Insel mit der komisch verkleideten Security vor dem Gebäude des Staatsoberhaupts. Dass vom Kultkönigkreich in der letzten Zeit immer mehr gute Indiemusik kommt, ist kein Geheimnis. Dieses Mal ist es She’s In Parties mit ‚Ritual‘, die die verstaubten Britpop-Klänge wieder aus den Abstellkammerln ihrer Eltern ans Tageslicht bringen.

Das Quartett aus Essex setzt musikalisch auf altbewährtes. Zeitlose Klänge, wie man es bereits bei Echobelly, Lush und Elastica kennt und liebt. Eine schnelle Pace, Powerakkorde und repetierende Melodien, die sich im Chorus entfalten wie eine Blume im verregneten Londoner Umland.

Während die Bands in den 90ern nichts ernst genommen haben und alles scheiße fanden, geht es bei She’s in Parties um mehr. Sie beschäftigen sich mit der Selbstfindung, Identität und den andauernden Veränderungen im Leben. Dabei lassen sich die Vier Zeit. Gut so.

Label: Submarine Cat Records
Produktion: Ali Chant
Mix: Patrick Philips
Master: CODA Mastering